Bildung heisst Leben  
EDUCATION MEANS LIFE
 

2021 nach Corona - zu Besuch im Gral

Endlich konnten wir wieder reisen. Nach all den Jahren, in denen die Welt stillzustehen schien, fühlte es sich fast unwirklich an, wieder auf namibischem Boden zu stehen. Staub, Sonne und dieser ganz eigene Geruch von Trockenheit und Leben zugleich – all das kam uns sofort vertraut vor.

Das Himba-Dorf, das wir zuletzt 2018 besucht hatten, lag abgelegen zwischen sanften Hügeln und weiten, rötlichen Ebenen. Doch diesmal wirkte es stiller, fast ausgestorben. Nur drei Frauen lebten zu diesem Zeitpunkt noch im sogenannten Gral, dem zentralen Bereich der kleinen Siedlung. Viele Familien waren weitergezogen, manche auf der Suche nach besseren Weideplätzen, andere fort in die Städte.
Es war bitterkalt. Man nimmt immer an, Afrika sei warm – und tagsüber stimmte das auch. Die Sonne brannte gnadenlos vom Himmel, der Wind trug den Wüstensand über unsere Gesichter. Doch sobald sie hinter den Bergen versank, fiel die Temperatur rapide. In manchen Nächten zeigte das Thermometer weniger als null Grad. Wir waren froh, dicke Decken dabeizuhaben.
Trotz der Kälte empfingen uns die Frauen mit Herzlichkeit. Ihr Lachen klang hell durch die klare Nachtluft. Wir saßen gemeinsam am Feuer und sprachen mit Händen, Blicken und ein paar wenigen Worten. Immer wieder hörten wir „Okuhepa“ – das heißt „Danke“ in der Sprache der Himba. Dieses kleine Wort schien alles zu umfassen: Freude, Gastfreundschaft und vielleicht auch ein Stück gegenseitiges Verständnis.
Der Besuch war kurz, aber eindrücklich. Als wir am nächsten Morgen aufbrachen, legte sich die Sonne golden über die Hütten und die spärliche Vegetation. Es war, als wolle sie uns verabschieden. Ich wusste in diesem Moment, dass ich wiederkommen wollte – nicht nur, um ein Dorf zu besuchen, sondern um ein Stück dieses Lebensgefühls wiederzufinden: Einfachheit, Dankbarkeit und die stille Würde, mit der die Menschen hier ihrem Alltag begegnen.


Heute, einige Jahre später, hat sich vieles verändert. Die meisten der 2018 noch im Gral in alter Tradition wohnhaften Himbas haben sich wenige Kilometer entfernt an einem Brunnen zusammengefunden. Dort leben sie nun in einfachen Blechhütten, gekleidet in Kleidung der westlichen Welt. Der Wandel ist unaufhaltsam – und doch bleibt in ihren Gesichtern etwas von jener Ruhe, die uns damals so tief beeindruckt hat. Leider fehlt es dort an allem: Wasser, Nahrung, Kleidung, Decken – selbst die einfachsten Dinge des täglichen Lebens sind Mangelware.